Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 15.10.2012
- 2 Ss 68/12 -
Bewusst unwahre Behauptung über Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft kann falsche Verdächtigung sein
Gläubiger kann sich durch Falschangabe im Insolvenzverfahren strafbar machen
Wer
als Gläubiger gegenüber einem Insolvenzgericht wider besseres Wissen
behauptet, sein Schuldner sei zahlungsunfähig, kann sich wegen falscher
Verdächtigung strafbar machen. Denunzierter Betroffener eines
Insolvenzverfahrens kann dabei nicht nur eine natürliche Person, sondern
auch eine juristische Person (z.B. eine Gesellschaft) sein. Dies
entschied das Oberlandesgericht Koblenz.
Im
zugrunde liegenden Fall stellte der Angeklagte im Juli 2010 vor dem
Amtsgericht Bad Kreuznach einen Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft.
Dabei soll er wider besseres Wissen behauptet haben, die Gesellschaft
könne seiner Firma ein Darlehen nicht zurückzahlen und sei
zahlungsunfähig.
OLG hebt Freispruch auf und weist Sache zurück ans Landgericht
Gegen
den Angeklagten erging im Juli 2011 ein Strafbefehl, gegen den er
Einspruch einlegte. In der Folge hat ihn das Amtsgericht vom Vorwurf der
falschen Verdächtigung freigesprochen, die dagegen gerichtete Berufung
der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht als unbegründet verworfen.
Das Landgericht lehnte eine Verurteilung des Angeklagten mit der
Begründung ab, das Insolvenzverfahren sei nicht als behördliches Verfahren im Sinne der Strafvorschrift des § 164 Abs. 2 StGB
anzusehen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision der
Staatsanwaltschaft hatte nun einen vorläufigen Erfolg. Der Strafsenat
des Oberlandesgerichts Koblenz hob den Freispruch auf und verwies die
Sache an das Landgericht zurück.
Angeklagter stellt mit schriftlicher Mitteilung über Zahlungsunfähig bewusst falsche Behauptung gegenüber dem Gericht auf
Nach Ansicht des Strafsenats habe der Angeklagte mit seiner schriftlichen
Mitteilung, die Gesellschaft könne das Darlehen nicht zurückzahlen und
sei damit zahlungsunfähig, bewusst eine falsche Behauptung gegenüber
einem Gericht aufgestellt. Diese Behauptung sei geeignet gewesen, ein
Insolvenzverfahren gegen die Gesellschaft herbeizuführen. Dieses
Insolvenzverfahren stelle auch ein behördliches Verfahren im Sinne des
§ 164 Abs. 2 StGB dar, da in einem Insolvenzverfahren eine staatliche
Stelle dem Bürger als dem davon Betroffenen hoheitlich gegenübertrete. Dem Schuldner
oblägen weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, das
Insolvenzgericht könne Sicherungs- und Sanktionsmaßnahmen anordnen.
Denunzierung kann mit erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen verbunden sein
Denunzierter
Betroffener eines Insolvenzverfahrens könne dabei auch eine juristische
Person sein. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen eine
Gesellschaft könne mit erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen
Auswirkungen verbunden sein. Potentielle Vertragspartner
würden von Geschäften mit der denunzierten Firma abgehalten, was
gegebenenfalls zum Ruin des Unternehmens führen könne. Wer solche
wirtschaftlichen Folgen wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht
verfolge, habe sich daher strafrechtlich zu verantworten.
Da
eine Verurteilung grundsätzlich nicht auf die Feststellungen in einem
freisprechenden Urteil gestützt werden kann, war es dem Strafsenat
verwehr, den Angeklagten selbst zu verurteilen. Vielmehr war die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.