Aufgrund der Vorfälle der letzten Monate geben wir jeden dafür infragekommenden Fall an die Aufsichtsbehörden / Staatsanwaltschaften zur weiteren Veranlassung weiter !
- Wettbewerbsverstoß durch Angebot von Rechtsdienstleistungen ohne Erlaubnis
Leitsatz
- Wer
ohne Erlaubnis Rechtsdienstleistungen anbietet, verstößt auch dann
gegen §§ 2, 3 RDG sowie gegen § 4 Nr. 11 UWG, wenn er sich zur Erfüllung
der versprochenen Leistung eines Rechtsanwalts bedient. Az.: OLG Frankfurt 6 U 74 / 10
Quelle / Volltext
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=KORE565022010%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L
"Norddeutsche Vermögensverwaltung"
Bisweilen finden sich
auch in, meist eher trockenen, Kostenentscheidungen Perlen: Mit
Beschluss vom 23.10.2000 hat das Landgericht Rostock (AZ: 3 O 554/99)
dem Verantwortlichen der "Norddeutsche Vermögensverwaltung", Bad
Doberan, die Verfahrenskosten auferlegt
Einschlägige Erfahrungen hatte Dieter H. als
Vorvermittler eines - inzwischen aufgeflogenen - Regulierers in Rostock
gewonnen. Nach dessen Inhaftierung ging H. wohl davon aus, die
"Marktlücke" füllen zu müssen und stieg selbst ins Regulierungsgeschäft
ein. Nach dem Muster der SDV GmbH, deren Vertragsformulare verwendet
wurden, lies sich die "Norddeutsche Vermögensverwaltung" Kunden über
Vorvermittler zuführen. Gegen den Vorwurf des Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz sollte die Zusammenarbeit mit einer Rostocker
Anwaltskanzlei schützen.
Der Verbraucherschutzverein forderte H. zur Abgabe
einer Unterlassungserklärung auf, die dieser zunächst verweigerte. Erst
nach Einreichung der Klage gab H. die geforderte Erklärung ab und
stellte zeitgleich die Regulierertätigkeit ein. Eine Entscheidung in der
Hauptsache war somit nicht mehr notwendig.
In seiner ausführlich begründeten Kostenentscheidung
kommt das Landgericht Rostock zum Ergebnis, dass H. im
Hauptsacheverfahren unterlegen wäre, "denn die Vermögensverwaltung war auf Ausbeutung der Kunden gerichtet und der Vertragsabschluss gar mit irreführenden Angaben verbunden".
Insbesondere stellt der Beschluss auch auf das Zusammenwirken von
Regulierer und Anwalt ab. Diese Zusammenarbeit betrachtet das
Landgericht als - für den Schuldner - sinnlos und stellt fest, die
"Leistung" des Regulierers bestehe "..offensichtlich in der Werbung von Mandanten für eine bestimmte Rechtsanwaltskanzlei.."
. Die in den einschlägigen Verträgen immer wieder behauptete Zuarbeit
für den Rechtsanwalt, will das Landgericht ebenfalls nicht zugunsten des
Regulierers gelten lassen, da es davon ausgeht, dass jeder Anwalt in
der Lage sein sollte, ohne die Hilfe einer "Vermögensverwaltung" für
seine Mandanten tätig zu werden. Diese Hilfe sei im Gegenteil
kontraproduktiv, denn:
"Von einer effektiven und kostengünstigen
Sanierung kann keine Rede sein, denn jede weitere Person, die
kostenpflichtig eingeschaltet wird, erschwert letztlich den Abbau der
Schulden."
Die Erfahrungen mit zwielichtigen, gewerblichen Schuldnerberatungen offenbaren ein Grundkonzept, nach
dem das Erfordernis der gesetzlichen Erlaubnis zur Rechtsberatung, normiert durch die jeweiligen AG-InsOs
der Länder i. V. m. § 305 InsO, zu umgehen versucht wird.Gemeinsam ist den oftmals franchise-ähnlich organisierten „schwarzen Schafen“ der Branche, dass teils gegen beeindruckende Honorare
schnelle Hilfe versprochen wird, die letztlich durch Beauftragung eines Rechtsanwalts einzig von diesem umgesetzt wird. Dem Hilfesuchenden sind die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen Schuldnerberatung erfolgen darf, oftmals ebenso unbekannt wie der Kontext, in dem die illegalen Anbieter am
Markt operieren, den Sachbearbeitern der zuständigen Anerkennungsbehörden.
Sachverhalt:
Schuldner S ist hoch verschuldet. In der Zeitung und im örtlichen Branchenbuch erfährt er von der Schuldnerhilfe „Notstand“ und vereinbart telefonisch einen Termin. Ein seriös wirkender, wortgewandter Mitarbeiter erläutert ihm anhand von Tabellen und Organigrammen, dass er in sechs Jahren mit seiner Hilfe
schuldenfrei sei könne. Hierfür müsse er nur ein Pauschalhonorar von 2.980,00 € zahlen und die Auftragsvereinbarung unterzeichnen, wonach die Schuldnerhilfe sich u. a. zur Durchführung einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung und der Betreuung im gerichtlichen Insolvenzverfahren verpflichtet. Alle zukünftig anfallenden Kosten seien in dem Pauschalhonorar enthalten; lange Wartezeiten,
wie bei vielen anderen Schuldnerberatungen üblich, gäbe es nicht. Die hauseigenen Spezialanwälte würden sich um alles kümmern.
Schuldner S ist begeistert. Froh über die unbürokratische Abwicklung übergibt er seinen gut gefüllten Schuhkarton, in den er seit geraumer Zeit seine Mahn- und Vollstreckungsbescheide und übrige Mahnschreiben der Gläubiger ablegt, an den Berater. Dieser leitet sie – nachdem er eine kursorische Ordnung vorgenommen und das vereinbarte Honorar erhalten hat – an eine Rechtsanwaltskanzlei weiter,
von der S einige Tage später Post erhält. Nach Weisung seines Beraters erteilt er dort die Vollmacht zur Vertretung im außergerichtlichen Einigungsversuch gemäß § 304 ff. InsO. Einige Wochen später erreicht ihn die von den Rechtsanwälten ausgestellte Urkunde über die erfolglose Durchführung des Einigungsversuchs
(Anlage 2 und 2A des amtlichen Verbraucherinsolvenzantragsformulars) sowie eine Rechnung auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), die er bezahlen muss. S leiht sich verärgert abermals von seinem Schwager Geld, um die Rechtsanwälte bezahlen zu können. Es stellt sich heraus, dass die Schuldnerhilfe „Notstand“, anders als S meinte und der Berater zu erkennen gab, die Anwälte nicht direkt aus dem „Pauschalhonorar“ vergütet, sondern das Geld für eigene Zwecke verbraucht hat.
Rechtliche Betrachtung
Fälle der vorstehenden, verkürzt geschilderten Art beschreiben eine typische Vorgehensweise, wonach S nur noch weiter in die Verschuldung getrieben wird. Honorare in der beispielhaft aufgezeigten Höhe (und darüber hinaus) sind keine Seltenheit. Der Vertrag zwischen S und der Schuldnerhilfe ist wegen Verstoßes
gegen ein gesetzliches Verbot nichtig und verpflichtet wegen ungerechtfertigter Bereicherung zur Rückzahlung der 2.980,00 €. Mangels behördlicher Genehmigung zur Rechts- und Schuldnerberatung bzw. Anerkennung als geeignete Stelle war es der „Nothilfe“ verboten, eine Schuldenbereinigung oder eine Betreuung im gerichtlichen Insolvenzverfahren und ähnliches mehr zu versprechen. Wer meint, sich daher mangels einer solchen Befugnis zugelassener Rechtsberater bedienen zu können, irrt. Nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz
(das das frühere Rechtsberatungsgesetz abgelöst hat) muss weiterhin jeder, der Rechtsberatung anbietet, hierzu in eigener Person befugt sein. Selbstverständlich sind die hier betrachteten Anbieter auf dem Markt der Entschuldung nicht im Besitz der notwendigen behördlichen Genehmigung. Die Einschaltung Dritter, die
letztlich die vertraglich geschuldete Leistung – wenn auch auf Grundlage eigener Beauftragung – erbringen, ändert hieran nichts
Nach einhelliger Rechtsprechung1 fungieren zur Rechtsberatung zugelassene Dritte in solchen Fällen als Erfüllungsgehilfen, deren Dienstleistung sich die „Nothilfe“ wegen der vertraglichen Bindung zum Schuldner zurechnen lassen muss. Das Amtsgericht Westerburg2 hat jüngst darüber hinaus eine strafrechtlich
relevante Komponente solcher Aufträge betont. Bereits das Erwecken des Eindrucks, der Berater sei als Beratungsstelle i. S. d. § 305 InsO anerkannt oder sei gar selbst geeignete Person im Sinne der Ausführungsgesetze der Länder zur InsO, ohne dass dies tatsächlich der Fall ist, begründe den Verdacht eines Betruges. Daneben erfüllen Honorare der im Beispiel genannten Höhe nicht selten den Tatbestand des Wuchers. Im Rahmen des eröffneten Insolvenzverfahrens zeigt sich die Zahlung des Schuldners oftmals für den aufmerksamen, gerichtlich bestellten Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter als nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbar, da der Berater jedenfalls durch seine Bearbeitung der schuldnerischen Unterlagen Kenntnis von
der Zahlungsunfähigkeit gem. § 130 Abs. 2 InsO erlangt haben dürfte . Zumindest aber ist der Rückzahlungsanspruch als Anspruch gegen Dritte insolvenzbehaftet und damit massezugehörig.
Fazit dieser Betrachtung ist daher, dass sich die Konsultierung von selbsternannten Schuldnerberatern, von denen man sich im Zweifel immer von ihrer Anerkennung durch Vorlage des Genehmigungsbescheides überzeugen sollte, selten lohnt: Die Kosten solcher Anbieter sind angesichts der Tatsache, dass jegliche ihrer Tätigkeiten immer auch Gegenstand des Mandatsverhältnisses zu einem Rechtsanwalt und damit überflüssig sind, vermeidbar. Dagegen lohnt sich die Suche nach einem spezialisierten Rechtsanwalt oder das Warten auf
einen Beratungstermin bei einer kompetenten karitativen oder öffentlichen Beratungsstelle. Dies schont nicht zuletzt die Nerven, sondern auch den Geldbeutel.
Mehr unter http://www.aktionswoche-schuldnerberatung.de/
Auch Kredithaie nutzen immer Ihre Chance, teilweise suchen Sie gezielt Ihre Opfer in den unteren Bevölkerungsschichten.
Infos dazu:
Filmbeitrag NDR
Arbeitskreis Geschäfte mit der Armut